Standesamtsunterlagen
Die Standesämter in Österreich sind eine Behörde der mittelbaren Bundesverwaltung und unterstehen der jeweiligen Bezirksverwaltungsbehörde (BH oder Magistrat). Sie führen die Geburten-, Familien- (seit 1.1.1984 Ehebuch genannt) und Sterbebücher.
Mit dem Anschluss an das Deutsche Reich wurde das Personenstandsgesetz vom 3.11.1937 mit 1.1. 1939 auch im „Land Österreich“ in Kraft gesetzt. Dies hatte zur Folge, dass fast in jeder Gemeinde ein Standesamt mit einem Standesbeamten und einem Stellvertreter eingerichtet wurde. In letzter Zeit schlossen sich kleine Gemeinden zu Standesamtsverbänden zusammen. Die Beurkundung des Personenstandes oblag nun dem Standesbeamten. Er führte dazu jeweils ein Geburten-, ein Familien- und ein Sterbebuch. Nur eine vor dem Standesbeamten geschlossene Ehe ist gültig (obligatorische Zivilehe). Bereits 1870, also vor der Einführung der Standesämter in Österreich, gab es diese Zivilehe bei den Bezirkshauptmannschaften und Magistraten, jedoch nur für jene Personen, die keiner gesetzlich anerkannten Kirche oder Religionsgesellschaft angehörten.1
Geburtenbuch
Die Geburt eines Kindes musste dem Standesbeamten, in dessen Standesamtsbezirk es geboren wurde, binnen einer Woche angezeigt werden. Zur Anzeige waren in folgender Reihenfolge verpflichtet:
- der eheliche Vater,
- die Hebamme, die bei der Geburt anwesend war,
- der Arzt, der bei der Geburt dabei war,
- jede Person, die bei der Geburt dabei war oder von der Geburt „aus eigener Wissenschaft“ unterrichtet war,
- die Mutter, sobald sie dazu imstande war.
Die Anzeige war mündlich zu erstatten.
In das Geburtenbuch wurden eingetragen:
- die Vor- und Familiennamen der Eltern, ihr Beruf und Wohnort sowie ihr religiöses Bekenntnis,
- Ort, Tag und Stunde der Geburt,
- Geschlecht des Kindes,
- die Vornamen des Kindes,
- die Vornamen und der Familienname des Anzeigenden, sein Beruf und Wohnort.
Die Eintragung war vom zur Anzeige Erschienenen und vom Standesbeamten zu unterschreiben.
Familienbuch (später Ehebuch)
Vor der Eheschließung erließ der Standesbeamte das Aufgebot; es diente zur Ermittlung von Ehehindernissen. Das Aufgebot wurde zwei Wochen lang öffentlich ausgehängt. Jeder, dem ein Ehehindernis bekannt war, war verpflichtet, es dem Standesbeamten zu melden. Zuständig war jeder Standesbeamte, vor dem die Ehe geschlossen werden konnte. Für jede neu gegründete Familie wurde bei der Eheschließung im Beisein der Ehegatten und Zeugen ein gesondertes Blatt im Familienbuch eröffnet. Das Blatt bestand aus zwei Teilen. Der erste Teil diente der Beurkundung der Heirat, der zweite Teil der Eintragung der Familienangehörigen. Im ersten Teil des Familienblattes wurden eingetragen:
- die Vor- und Familiennamen der Eheschließenden, ihr Beruf und Wohnort, Ort und Tag ihrer Geburt sowie ihr religiöses Bekenntnis,
- die Vor- und Familiennamen der Zeugen, ihr Beruf und Wohnort,
- die Erklärung der Eheschließenden sowie
- der Ausspruch des Standesbeamten.
Die Eintragung war von den Ehegatten, den Zeugen und dem Standesbeamten zu unterschreiben.
Am Rande des Heiratseintrages wurden vermerkt:
- der Tod oder die Todeserklärung eines Ehegatten,
- die Scheidung der Ehe,
- die Nichtigkeitserklärung der Ehe,
- die Feststellung des Nichtbestehens der Ehe,
- die Änderung und die allgemein bindende Feststellung des Namens der Ehegatten sowie jede Änderung ihres Personenstandes und
- der Wechsel des religiösen Bekenntnisses.
Im zweiten Teil des Familienblattes wurden eingetragen:
- die Vor- und Familiennamen der Eltern der Ehegatten, deren Beruf und Wohnort, Ort und Tag ihrer Geburt und Heirat sowie ihr religiöses Bekenntnis,
- Angaben über die Staatsangehörigkeit, das Reichsbürgerrecht und die rassische Einordnung der Ehegatten.
Der zweite Teil des Familienblattes war ständig fortzuführen, insbesondere waren einzutragen:
- die Vornamen sowie Ort und Tag der Geburt gemeinsamer Kinder,
- die Vornamen sowie Ort und Tag der Geburt von unehelichen Kindern weiblicher Abkömmlinge.
- An Kindes statt angenommene und für ehelich erklärte Kinder.
Der zweite Teil des Familienblattes wurde für jeden Abkömmling so lange fortgeführt, bis er selbst ein Blatt im Familienbuch erhielt.
Sterbebuch
Der Tod eines Menschen musste dem Standesbeamten, in dessen Standesamtsbezirk er gestorben war, spätestens am folgenden Werktag gemeldet werden. Zur Anzeige waren, und zwar in nachstehender Reihenfolge, verpflichtet:
- das Familienoberhaupt,
- derjenige, in dessen Wohnung sich der Sterbefall ereignet hat,
- jede Person, die vom Sterbefall „aus eigener Wissenschaft“ unterrichtet war.
Die Anzeige war mündlich zu erstatten.
In das Sterbebuch wurden eingetragen:
- die Vornamen und der Familienname des Verstorbenen, sein Beruf und Wohnort, Ort und Tag seiner Geburt sowie sein religiöses Bekenntnis,
- die Vornamen und der Familienname des Ehegatten oder ein Vermerk, dass der Verstorbene nicht verheiratet war,
- Ort, Tag und Stunde des Todes,
- die Vor- und Familiennamen der Eltern des Verstorbenen sowie ihr Wohnort,
- die Vornamen und der Familienname des Anzeigenden, sein Beruf und Wohnort.
Die Eintragung war vom zur Anzeige Erschienenen und vom Standesbeamten zu unterschreiben. In das Sterbebuch war ein Vermerk über die Todesursache einzutragen, falls sie von einem dazu berechtigten Arzt bescheinigt worden war. Vor der Eintragung des Sterbefalles durfte der Verstorbene nur mit ortspolizeilicher Genehmigung bestattet werden.
Sammelakten zu den Personenstandsbüchern
Beinhalten alle Schriftstücke, die die Grundlage der Eintragung und späterer Veränderungen sowie der Ermittlung der Ehefähigkeit gebildet haben. Sie sind gesondert nach Jahrgang und Nummer der Eintragung aufzubewahren (Sammelakt).
Gesetzliche Änderungen:
Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges wurden die deutschen personenstandsrechtlichen Vorschriften in die österreichische Rechtsordnung übergeleitet und nur jene Bestimmungen, die typisches Gedankengut des Nationalsozialismus enthielten, ausdrücklich aufgehoben (Verordnung des Staatsamtes für Inneres vom 6. Juli 1945 über die Ordnung von Personenstandsfällen, Staatsgesetzblatt für die Republik Österreich Nr. 55 aus 1945).
Durch das am 1.1.1984 in Kraft getretene Personenstandsgesetz traten bei der Führung der Personenstandsbücher (Geburtenbuch, Ehebuch, Sterbebuch) wesentliche Änderungen ein.
- Im Geburtenbuch mit alphabetischen Namensverzeichnissen wurden nun die Berufs- oder Standesbezeichnungen der Eltern sowie der Mädchenname der Mutter nicht mehr aufgenommen.
- Im Ehebuch (vorher Familienbuch) mit alphabetischen Namensverzeichnissen sind nun die Angaben zu den Eltern der Ehegatten sowie sämtliche Angaben der Ehegatten zu ihrer Staatsbürgerschaft nicht mehr enthalten. Zusätzlich fehlen die Angaben über gemeinsame Kinder, uneheliche Kinder weiblicher Abkömmlinge, an Kindes statt angenommene und für ehelich erklärte Kinder.
- Im Sterbebuch mit alphabetischen Namensverzeichnissen sind nun die Berufs- oder Standesbezeichnungen sowie die Daten der Eltern und die Todesursache nicht mehr vermerkt.
Zentrales Personenstandsregister (ZPR)
Im Juli 2011 wurde im Ministerrat ein bundesweit zentrales Personenstandsregister (ZPR) beschlossen, welches im April 2013 funktionsbereit sein und im Jänner 2014 in Vollbetrieb gehen sollte. Im November 2012 stimmte der Innenausschuss des Nationalrates der Gesetzesänderung zu. Der Echtbetrieb war für November 2013 vorgesehen. Das Personenstandsgesetz 2013 (PStG 2013) wurde schließlich am 5. Dezember 2012 im Nationalrat und am 20. Dezember 2012 im Bundesrat beschlossen. Im Oktober 2013 wurde die Einführung auf Grund von Problemen bei der technischen Umsetzung auf November 2014 verschoben. Das Zentrale Personenstandsregister (ZPR) ist ein bei allen österreichischen Standesämtern eingesetztes Register, das – zusammen mit dem Zentralen Staatsbürgerschaftsregister (ZSR) – am 1. November 2014 bundesweit in Betrieb genommen wurde. Im ZPR werden die Daten über Personenstandsfälle (Geburt, Ehe, Eingetragene Partnerschaft, Tod) und damit in Zusammenhang stehende Sachverhalte (z. B. Namen) zentral erfasst. Es löst damit die Personenstandsbücher ab. Die bis dahin in lokal geführten EDV-Anwendungen oder händisch geführten Personenstandsbücher verzeichneten Daten wurden in das ZPR übertragen, dessen technische Infrastruktur vom Innenministerium zur Verfügung gestellt wird.
Auskunft aus Altmatriken, Personenstandsbüchern und ZPR
Das Recht auf Auskunft aus den Altmatriken, den Personenstandsbüchern, dem ZPR und aus den dazugehörigen Unterlagen unterliegt Einschränkungen. Diese gelten nur für eine bestimmte Zeitdauer und zwar, bezogen auf den Zeitpunkt der konkreten Eintragung, 100 Jahre für Eintragungen zur Geburt, 30 Jahre für Eintragungen des Todes und 75 Jahre für Eintragungen zur Eheschließung (Begründung einer Partnerschaft), sofern die Eintragung nicht eine lebende Person betrifft. Nach Ablauf dieser Fristen ist eine Einsichtnahme/Auskunft ohne Einschränkungen möglich. Bis dahin steht das – fallweise eingeschränkte – Recht auf Auskunft jenen Personen zu, auf die sich eine Eintragung bezieht, beziehungsweise Personen, deren Personenstand durch eine Eintragung berührt wird (Ehegatten, Lebenspartner, Vorfahren und Abkömmlinge). Auch das Vorbringen eines glaubhaften rechtlichen Interesses kann ein Recht auf Auskunft begründen. Personen, die im Auftrag von Berechtigten tätig werden, sollten von diesen mit einer Vollmacht ausgestattet werden. Die Entscheidung über die Auskunftsgewährung liegt letztendlich bei der jeweiligen Personenstandsbehörde.2
Wegen des Umgangs mit personenbezogenen Daten von lebenden Personen („Datenverarbeitung“) – darunter fallen natürlich auch Personenstandsdaten – muss der Familienforscher solange keine Bedenken haben, solange er seine Forschungen ausschließlich für sich und sein familiäres Umfeld betreibt und seine Forschungsergebnisse nur in diesem Umfeld zugänglich macht.3 Werden die Forschungsergebnisse aber einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich gemacht – sei es auch nur die Abgabe einer Familienchronik an die Gemeindebibliothek – sind datenschutzrechtliche Vorgaben zu beachten.
1 Ehepatent Kaiser Joseph II. vom 16.1.1783; hier wurde erstmals ein System staatlichen Eherechts eingeführt. Es wurde 1811 in das allgemeine bürgerliche Gesetzbuch übernommen. Mit dem Konkordat von 1855 wurde es wieder abgeschafft und erst mit neuen Bestimmungen im ABGB mit dem Gesetz vom 25.5.1868 als „Notzivilehe“ wieder eingeführt.
2 § 52 PStG 2013
3 Art 2 Abs 2 lit c DSGVO